Massenmorde in Afrika – des Kaisers Admirals SMS „Albatros“

 

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Geboren am 12. Februar 1846 in der Hafenstadt Stettin, stammte Max Plüddemann aus einer preußischen Beamtenfamilie. Die Ostsee war eine Droge – der 17jährige trat in die Marineschule ein, Seeoffizier war sein Traum. Erste Schritte als Kadett folgten 1867/68 auf dem Segler „Niobe“. Dann war für den angehenden Offizier Theorie angesagt: das Seekadetteninstitut in Kiel, das er mit der Beförderung zum Unterleutnant zur See und der Aussicht auf eine Kommandierung in der königlich-preußischen Ostseeflotte 1867 abschloss. 1870 wurde Max Plüddemann Leutnant zur See und Wachoffizier auf SMS Elisabeth, einer Korvette der Marine des Norddeutschen Bundes, später des Reiches. Im Juni 1874, nun Kapitänleutnant, war Max Plüddemann für 3 Monate „Kommandant in Vertretung“ auf SMS Nymphe. Die Korvette war gegen Frankreich 1870 im aktiven Einsatz gewesen, bekannt geworden war ein Nachtgefecht vor Rügen am 23. September 1870. Als erstes Schiff der Reichsmarine hatte SMS Nymphe 1871 eine Weltreise angetreten. Nach einem ersten Lehrgang an der Marineakademie Kiel diente Plüddemann 1875 auf SMS Kronprinz als Batterieoffizier, einem Schiff, dessen Brücke er 10 Jahre später  wieder als Erster Offizier im Range eines Korvettenkapitäns betreten soll. Stationen danach: Mai 1876 – September 1876 und Mai 1877 – Oktober 1877 Batterieoffizier auf Panzerfregatte SMS Friedrich Carl

Kapitänleutnant Max Plüddemann ging im Oktober 1877 von Kiel aus für zwei Jahre als Navigationsoffizier mit SMS Leipzig auf Weltreise. Im März 1878 passierte man die Südspitze Südamerika, die schwierige Magellanstraße, vor Valparaiso kam es zum geplanten Zusammentreffen mit SMS Ariadne und SMS Elisabeth, gemeinsam wurde zur Durchsetzung der deutschen Interessen in Nikaragua interveniert. Weitere Zielgebiete: Hawaii, Japan, China – überall wurde „Flagge gezeigt“. Die Abreise nach Europa erfolgte im Mai 1879 über Singapore und Mauritius, Ankunft in Kiel September 1879. Die Korvette, ab 1884 Kreuzerfregatte, war an zahlreichen Unternehmungen der deutschen Kolonialpolitik beteiligt sowie ein Instrument deutscher Kanonenbootpolitik. Von 1888 bis 1892 war sie das Flaggschiff des Kreuzergeschwaders in Übersee. Max Plüddemann erweiterte seine Kenntnisse und konnte seine neugewonnenen Erfahrungen vom Oktober 1879 bis September 1881 auf der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven als Assistent des Oberwerftdirektors erfolgreich einsetzen – das war der Ritterschlag, die Voraussetzung für die künftige Admiralskarriere. Ende 1883, nach Kommandos in der Navigation, in der Artillerie und in der Mannschaftsführung auf Kanonenbooten und Kreuzern, nach intensivem Kennenlernen der strategischen Aufgaben in den Werften an Ost- und Nordsee und in der Admiralität war Max Plüddemann bereit für die Übernahme von größeren Aufgaben in Übersee.

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Im November  1883  übernahm Korvettenkapitän Plüddemann  das Kommando auf SMS Albatros. Es wurde sein bis  November 1885 andauerndes erstes selbständiges Kommando. Ziel: die Südsee, im Frühjahr 1884 war sie erreicht. In jenen ersten Jahren der kolonialen Erwerbungen lag die militärische und politische Verantwortung für die völkerrechtliche Gewinnung und Absicherung der seit Jahrzehnten in den Händen wirtschaftlicher Unternehmen liegenden Territorien bei der Marine, und damit bei den Kommandanten der Kriegsschiffe. Die unterschiedlichen Bedingungen und die weiten Entfernungen, auch die unterschiedlichen Interessen der Rivalen forderten die Eigenverantwortung der Kommandanten. Starke Persönlichkeiten waren gefragt. Die erste Station im äußersten Südosten des deutschen Interessengebietes, die Hauptstadt Samoas, Apia, wurde am 30. Mai 1884 genommen. SMS Albatros „zeigte Flagge“ gegenüber den Rivalen und der einheimischen Bevölkerung. Damit begann die deutsche Verwicklung in den Konflikt mit den USA und Großbritannien um die Inselgruppe, im November 1884 wurde SMS Albatros in Apia permanent stationiert – Plüddemann unterstützte die deutsche Kolonialverwaltung, er war kurzzeitig „Dienstältester Seeoffizier auf der Südseestation“. Als sich die einheimischen Regenten nicht unterwarfen, setzte der Kommandant Gewalt ein. Militärische Auseinandersetzungen erreichten im Sommer 1887 ihren Höhepunkt, der König  wurde gefangen und verbannt – SMS Albatros brachte ihn nach Kamerun in die Verbannung. Dennoch blieb Samoa ein Unruheherd. Weitere Einsätze der SMS Albatros: September Oktober 1885: Abschluß von Verträgen mit den Häuptlingen der Karolinen-Inseln, Verteilen von Geschenken, Flaggenhissungen und Aufstellen von Hoheitszeichen als Hinweis auf die völkerrechtliche Besitzergreifung. Bemerkenswert die Aktion auf der Insel Ponape (Palau-Inselgruppe) am 13.Oktober, die Pensionär Max Plüddemann in einem Artikel in der Berliner „Die Woche“ (Nr. 16/1899) ausführlich beschreibt.

Am 21. November 1885 trat Fregattenkapitän Plüddemann die Heimreise aus der Südsee an, wurde ohne Pause durch die Admiralität und das Reichsmarineamt in strategisch bedeutende Positionen versetzt und zum Kapitän zur See befördert. In den folgenden Jahren kommandierte er nacheinander drei neu in Dienst gestellte Panzerschiffen (SMS Oldenburg,  SMS Baden, SMS Bayern), auf denen er seine in den Kampfeinsätzen gesammelten Erfahrungen als Mitglied der Schiffsprüfungskommission des Reichsmarineamtes für den Prozess des Ausbaus, der Erweiterung, der technischen Vervollkommnung  und der Erhöhung der taktischen Kampfqualität der kaiserlichen Kriegsflotte einsetzen konnte. Max Plüddemann war ein exzellenter Techniker, den Schiffbau hatte er schon als Kind auf der Werft studiert. Für sein Verständnis der  ingenieur-technischen Fragen des modernen Schiffbaus, für seine Materialkenntnis, für sein kreatives Herangehen an die Probleme der Konstrukteure auf den Werften sprechen einige der Aufsätze in den Jahren ab 1898, die er in Fachmedien veröffentlichte besonders bemerkenswert der Artikel „Kriegsschiffe“ im ersten Jahrgang (1901) des von ihm herausgegebenen Flottenkalenders. Das Panzerschiff SMS Oldenburg, das er vom 27. September bis zum 23. Dezember 1886 kommandierte,  war das erste in Deutschland vollständig aus Stahl gebaute Schiff, ein von vornherein ohne Segeltakelage konstruiertes Panzerschiff der kaiserlichen Marine. SMS Oldenburg wurde in den Bestand des neu geschaffenen „Manövergeschwaders“ übernommen. Hauptaufgaben der Manöver und der direkten Vorbereitung von Kampfeinsätzen waren Landungsübungen, Blockadeübungen, Tests neuester Technik wie z.B. elektrische Ausrüstungen, Übungsmärsche zwischen Ost- und Nordsee sowie Stabsübungen des Zusammenwirkens mit der Torpedoflottille. Unter Kaiser Wilhelm II. war er vom Dezember 1890 bis September 1896 Präses der Schiffsprüfungskommission, danach bis Juni 1897 Vorstand der Nautischen Abteilung im Reichsmarineamt.

Die Einsätze an der Küste Ostafrikas ab 1888, an denen Max Plüddemann als Kommandant von SMS Leipzig teilnahm, waren die größte und längste militärische und politische Aktion der Reichsmarine vor dem I. Weltkrieg. Einer der Brennpunkte des Aufstandes war die nördlich von Dar es Salaam liegende Region um Bagamoyo. Der Widerstand der afrikanischen und arabischen Bevölkerung der Region entzündete sich an dem aggressiven Bestreben und brutalem Vorgehen deutscher Siedler, die angestammte Bevölkerung aus dem Küstenstreifen zu vertreiben, um sich ungehinderten Zugang von den Häfen zu den Plantagen im Inneren des Landes zu verschaffen. Die afrikanischen Händler, Bauern, Handwerker griffen zu den Waffen, leisteten hartnäckigen Widerstand. Die Siedler beriefen sich auf einen kaiserlichen „Schutzbrief“, forderten die Kriegsmarine und die neugeschaffene „Schutztruppe“ unter Führung des „Reichskommissars“ Wissmann zum Eingreifen auf.  Wer sich widersetzte, wurde nach seiner Gefangennahme vor ein Kriegsgericht gestellt und exekutiert. Auf Schonung hoffen konnte derjenige, der für die Kolonialherren eventuell noch von Nutzen war. Den Häuptling Bushiri ließ Wissmann hängen, weil er von den Deutschen nicht „irgendwie auszunutzen“ war. Derartige Exekutionen fielen in den Verantwortungsbereich Max Plüddemanns als Kommandant der SMS Leipzig und Admiral Deinhards als Geschwaderchef, auch wenn die Marineoffiziere selbst nicht die Urteile sprachen und auch nicht an den Scheinprozessen teilnahmen. Hauptmann Wissmann war auf die Marine angewiesen, auf SMS Leipzig, die Marine wiederum auf die Truppen Wissmanns. SMS Leipzig hatte sich bei der Niederschlagung des Aufstandes hervorgetan durch Artilleriebeschuss und Überfälle der Marineinfanterie: ein Augenzeuge, der Kommandant von SMS Schwalbe, Korvettenkapitän Hirschberg, formulierte 1888 lapidar : „Am 22. September landet S.M.S. „Leipig“ in Bagamoyo und stürmt es. Der Feind 115 Todte,“Leipzig“ keine.“

Im Jahre 1897 wurde Max Plüddemann  „zur Disposition gestellt“- noch dem Reich verpflichtet, wenn auch nicht mehr aktiv. Er verstand sich weiterhin als Angehöriger der Marine, blieb seinem Kaiser als Autor, Historiker und auch Herausgeber des jährlichen Flottenkalenders treu. Im Jahrgang 1901 schrieb er einen Leitartikel: „Kaiser Wilhelm II. und die Deutsche Flotte“. Der Aufsatz schließt pathetisch: „die Zeiten und Verhältnisse ändern sich, wir müssen ihnen auch fernerhin Rechnung tragen und aufpassen, daß wir nicht bei dem allgemeinen Ansturm sämtlicher Seestaaten zur Erringung von Seegewalt und Geltung im Weltverkehr ins Hintertreffen geraten. Doch das Vaterland kann ruhig sein: Der Kaiser steht selbst auf der Wacht.“ Zeitgemäß und patriotisch ist sein zweiter Aufsatz in dieser Ausgabe zur Niederschlagung des sogenannten Boxer-Aufstandes in China. Beeindruckend ist das schriftstellerische Erbe Max Plüddemanns auch als Übersetzer aus dem Englischen: Originalwerke britischer Admirale, wissenschaftliche Berichte über neueste archäologische Entdeckungen in Ägypten wie auch Intimes aus dem Leben von Königin Victoria. Von seiner internationalen Anerkennung als Militärhistoriker zeugt auch die Herausgabe seiner Analyse des Krieges der USA gegen Spanien 1898 in Washington, D.C.

Max Plüddemann starb am 23. Januar 1910 in seiner Villa in Kleinmachnow und wurde am 26. Januar auf dem Offiziersfriedhof an der Linienstraße beigesetzt. Sein Grabmonument ziert ein Relief seines Lieblingsschiffes, der SMS „Albatros“.

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Autor: Sternberlin

Dr. phil. habil.(Philosophie und politische Wissenschaften) , inzwischen Pensionär - aktiv in Denkmalschutz und Denkmalpflege, besonders Kirchen und historische Friedhöfe in Berlin an Wochenenden - unter der Woche in unregelmäßigen Abständen engagiert in Lehrerfortbildung (Geschichte, Architektur, Literatur und Theater,Bildende Kunst)

2 Kommentare zu „Massenmorde in Afrika – des Kaisers Admirals SMS „Albatros““

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