Im Jahre -1 der CORONA-Pandemie, also 2018, begann ich einige Blogs zu klassischen chinesischen Themen zu veröffentlichen – ziemlich wahllos, für manchen Leser chaotisch, planlos – eben nicht ordentlich, wie man sich das so in deutschen Lesestuben vorstellt. Man schrieb mir böse und auch gutartige Zeilen, so dass ich nun nach Jahren der Abstinenz den Ordnungsfanatikern den Richter Di (judge Dee) systematisch vorstellen möchte. Wobei ich es mir die Bemerkung nicht verkneifen kann, dass meine eigene erste Lektüre des van Gulikschen Oeuvres mit dem 1981 zufällig in einem New Yorker Café-Antiquariat erstandenen „Necklace and Calabash“ war:

Dennoch ein lyrischer Einstieg – ich kann nicht anders! Die Anfänge – erste Schritte nach dem Abschluss des Studiums – beschreibt van Gulik im 1958 in London erschienenen „The Chinese Gold Murders“.

Ein trüber Frühlingsmorgen. Drei junge Männer sitzen in einer Schenke vor den Toren von Chang’an (das heutige Xi’an). Sie feiern Abschied: Einer der drei macht sich auf nach Nordosten, an die Küste. Er soll dort das Amt als Bezirksrichter übernehmen, statt, wie seine Freunde, eine Karriere am Hofe von Kaiser Gaozong anzustreben. „Ich habe es Euch doch schon gesagt, ich habe es satt Kriminalfälle nur auf dem Papier zu studieren“, begründet der angehende Bezirksrichter von Penglai seinen Entschluss. Und deshalb verlässt er im Frühjahr 663 die vertraute Umgebung, die Familie, die Freunde – begleitet nur von Wachtmeister Hong, der schon der Diener seines Vater war und darauf bestanden hat, seinem Schützling beizustehen.
Erst dreizehn Jahre später, im Jahr 676 wird Di Renjie wieder nach Chang’an zurückkehren – im Rang des Präsidenten des obersten Gerichtshofes. Doch bis dahin muss der viele Kriminalfälle in den verschiedensten Ecken des Reiches zu Iísen. Fast 20 Jahre begleitet der Leser den Helden des Romanzyklus von Robert van Gulik (1910 – 1967).
Richter Di ist ein Sherlock Holmes des alten China, der seine Fälle in erster Linie durch kühles Analysieren der Fakten löst. Bei handfesten Auseinandersetzungen verlässt er sich auf seine beiden Gehilfen, Qiao Tai und Ma Yong. Doch wenn es drauf ankommt, kann sich Di durchaus auch seiner Haut erwehren – mit den Fäusten und mit seinem berühmten Schwert „Regendrachen“. Das müssen auch Qiao Tai und Ma Yong erfahren, als die beiden „Brüder vom grünen Wald“ den Richter um seine Habe erleichtern wollen, sich dann aber geschlagen geben müssen.
Diesen Einstieg in die farbig gestaltete Karriere des jungen Richters finden wir in „The Chinese Maze Murders“,

dessen Entstehungsgeschichte Robert van Gulik im Vorwort in Kurzfassung wiedergiebt:



Nach der Niederlage entschließen sie sich, das Dasein als ehrliche Räuber gegen das von Gerichtsgehilfen einzutauschen. – Die Brüder vom grünen Wald genossen übrigens im alten China hohes Ansehen bei der einfachen Bevölkerung, die sie häufig vor der Willkür von Beamten und Reichen schützten. Viele Geschichten_rankten sich um diese Bruderschaften, etwa der Klassiker iš“Die Räuber von Lianq Shan Moor“. – Die Truppe komplettiert Tao Gan. Der ehemaliger Falschspieler und Spezialist für das Öffnen von Schlössern ohne Schlüssel und jedwede Art von geheimen Türen schließt sich Richter Di während der Ermittlungen um die Verschwörung in Hanyuan an. Di Renjie (630 – 700) ist eine historische Persönlichkeit aus der Tang-Dynastie (618 – 906). Er wurde dadurch bekannt, dass er sich nach dem Tod der Kaiserin Wu Jiao für die Wiedereinsetzung der Herrscher-Dynastie der Tang einsetzte. Während seine politische Laufbahn ganz gut dokumentiert ist, sind seine Kriminalfälle jedoch kaum überliefert.
Robert van Gulik, holländischer Diplomat und Sinologe, hatte 1949 ein klassisches Werk_über den Richter ins Englische übersetzt (deutsch: „Merkwürdige Kriminalfälle des Richters Di“), bevor er begann, eigene Richter Di-Krimis zu schreiben, die er zudem selbst illustriert hat (wenn auch im Stil der Ming-Zeit).


In seinen Werken adaptierte Gulik vielfach Kriminalfälle aus der klassischen chinesischen Literatur. Auch ein anderes Handlungselement übernahm er aus der Tradition: Wie die Protagonisten der klassischen chinesischen Krimis muss auch Richter Di in jedem Buch drei Fälle lösen, die jedoch oft miteinander in Zusammenhang stehen. Die Kurzgeschichten in den beiden Bänden „Richter Di bei der Arbeit“ und „Der Affe und der Tiger“ behandeln hingegen jeweils nur einen Fall. Übrigens, so verrät der holländische Krimiautor Janwillem van de Wettering, Guliks Freund und Biograph („Robert van Gulik. Ein Leben mit Richter Di“), pflegte Robert van Gulik nach einigen Genever zu gestehen: „Richter Di bin ich.“
Geisterspuk in Peng-Iai Zürich: Diogenes, 1988. 224 Seiten.

So hatte sich der junge Di sein erstes Amt als Richter wohl nicht vorgestellt: Nicht nur, dass er den Mord an seinem Amtsvorgänger in Penglai aufklären muss. Schon bald geschehen weitere Morde in dem Ort nahe der Grenze zu Korea. Auch einer seiner Schreiber ist seit einiger Zeit spurlos verschwunden, ebenso wie die Ehefrau eines der Honoratioren. Schon bald beschleicht den erfahrenen Krimileser der Verdacht, dass die Morde, das Verschwinden einiger Personen sowie die Angriffe auf den Richter und seine streitbaren Gefährten in Zusammenhang stehen – und er ist damit dem Richter zunächst einen Schritt voraus. Doch während der Leser noch grübelt und versucht, die einzelnen Verdachtsmomente zu einem Ganzen zusammenzusetzen, findet Di mit seinem genauen Beobachtungsvermögen und seinem scharfen analytischen Verstand die verblüffende Lösung des Falls, dessen Auswirkungen sogar in der Hauptstadt zu spüren sind.
Richter Di bei der Arbeit Zürich: Diogenes, 1990. 240 Seiten.

Dieser Band enthält acht Kurzgeschichten über kleinere Fälle, die Richter Di auf verschiedenen Stationen seiner Laufbahn gelöst hat. Im Gegensatz zu den Romanen, in denen Di meist mehrere Straftaten (oder vermeintlich mehrere, die sich am Ende als eine herausstellen) aufklärt, drehen sich die Kurzgeschichten immer nur um ein einziges Verbrechen.
Fünf glückbringende Wolken
Richter Di sitzt mit mehreren Geschäftsleuten zusammen als einer von ihnen die Nachricht erhält, seine Frau habe sich umgebracht. Di nimmt die Ermittlungen auf. Doch schon bald kommen ihm Zweifel: Ist der Tod von Frau He wirklich Selbstmord? Eine Weihrauchuhr bringt ihn auf die Lösung.
Tod in der Festung
In der Garnison nahe der Bezirkshauptstadt wird ein Offizier ermordet. Der Schuldige scheint schnell gefunden. Doch Richter Di kommt wegen einer fehlenden Akte einem Mordkomplott auf die Spur.
Er kam mit dem Regen
Rätsel um einen Toten im Sumpfland außerhalb der Stadt. Eine Zeugin sagt aus, der Tote sei ein Regengeist, der sie immer besucht habe, und schwarze Kobolde hätten ihn getötet. Oder hat der Mord doch ganz un-metaphysische Gründe?
Mord am Lotosteich
Richter Di ist ratlos: Ein alternder Poet wird in seinem Garten ermordet, doch niemand scheint ein Motiv für den Mord zu haben. Ein tierischer Zeuge bringt den Richter schließlich auf die Spur des Täters.
Zwei Bettler
Es ist der Tag des Laternenfestes, der letzte Tag der Neujahrsfeierlichkeiten. Richter Di hat die guten Wünsche der Honoratioren Puyangs empfangen und will sich gerade zum Festessen mit seiner Familie begeben, als Wachtmeister Hong ihm die Nachricht vom Tod eines Bettlers überbringt. Offensichtlich ein Unfall – der Tote war kopfüber in eine Grube gefallen. Doch kaum ist der Wachtmeister aus dem Raum, als der Geist des Toten durch Zimmer das Richters schwebt. Di beherzigt den Wink aus dem Jenseits und beginnt zu ermitteln. Noch vor dem Abendessen kann er den Mörder des Bettlers dingfest machen und das Rätsel des Geistes entschlüsseln.
Das falsche Schwert
Qiao Tai und Ma Yong, die Gehilfen von Richter Di, haben sich eben zum Essen niedergelassen, da passiert auf der Straße vor ihrem Lieblingsrestaurant ein Unfall: Der Sohn einer Gauklerfamilie stirbt während des Auftritts. Sein Vater hat ihn statt mit einem Trickschwert mit einer echten Waffe durchbohrt. Hat der Vater die beiden Waffen verwechselt? Oder war der Unfall in Wirklichkeit ein Mord?
Die kaiserlichen Särge
Ausnahmezustand in der Westprovinz: Die Tataren sammeln sich zu seinem Angriff. Der Kaiser hat seinen Oberbefehlshaber in den Westen geschickt, um die Verteidigung zu organisieren. Doch eine Verschwörung in den eigenen Reihen bedroht seine Bemühungen. Mit einem archimedischen Trick verhindert Di die Verschwörung, die den Sieg der Tataren herbeigeführt hätte, und rettet en passant einem zu Unrecht Verurteilten das Leben.
Blutiqer Neujahrsabend
Dis letzter Fall in Lanfang: Am letzten Abend des Jahres kommt ein Junge ins Gericht, um ein Verbrechen anzuzeigen. Seine Mutter ist verschwunden, und Zuhause ist eine riesige Blutlache auf dem Boden. Di kombiniert sofort: Hier ist ein Mord geschehen. Doch erstmals unterlaufen Di bei der Aufklärung eines Falls Fehler.
Der Wandschirm aus rotem Lack Zürich: Diogenes, 1990. 224 Seiten.

Statt nach einer Dienstreise einige Tage Urlaub in Weiping zu genießen, stürzt sich Richter Di in Ermittlungen – es gilt das Verschwinden der Ehefrau seines Amtskollegen Deng aufzuklären. Der bezichtigt sich selbst der Tat, doch Di mag ihm nicht so recht glauben. Deng bittet Di zudem um Hilfe bei der Klärung des Selbstmordes eines reichen Seidenhändlers. Die Ermittlungen bringen Di und seinen Gehilfen Qiao auf Abwege: Sie ermitteln under cover in der örtlichen organisierten Unterwelt.
Der See von Han-yuan Zürich: Diogenes, 1991. 272 Seiten.

Etwas stimmt nicht in Hanyuan. Das merkt Di Renjie schnell nach Antritt seines neuen Amtes als Bezirksrichter. Im See soll es spuken. Menschen, die in seinen Fluten ertrinken, tauchen nie wieder auf- wie der Sohn von Doktor Zhang, der sich in den See stürzt, als seine Braut in der Hochzeitsnacht Stirbt. Doch mehr noch als der Tod von Zhang und seiner Braut beschäftigt Di der Tod einer Tänzerin und die Entführung eines städtischen Würdenträgers. Hat dieser seine Entführung nur vorgetäuscht, um Richter Di in die Irre zu führen und zu verheimlichen, dass er die Tänzerin ermordet hat? Oder sammeln sich hier, nahe der Hauptstadt, wirklich die Drahtzieher einer landesweiten Verschwörung? In der deutschen Ausgabe fehlen leider die Guliks Illustrationen. Wer dennoch nicht auf die Bilder verzichten möchte, findet sie auf der Website von Christian Weinert.
Der Affe und der Tiger Zürich: Diogenes, 1988. 160 Seiten.

Der Morqen des Affen
Richter Di sitzt auf dem Balkon, als ein kleiner Affe in den Bäumen des Gerichtsgartens herum turnt und einen goldenen Ring fallen läßt. Di hebt das Schmuckstück auf, um in der Vormittagssitzung dem rechtmäßigen Eingetümer ausfindig zu machen – und sieht sich statt dessen mit dem Mord an einem Apotheker konfrontiert, den er zusammen mit Tao Gan aufklärt.
Die Nacht des Tigers
Die Reise in die Hauptstadt, wo er seinen neuen Posten am Obersten Gerichtshof antreten soll, steht unter keinem guten Stern: Erst wird der Richter von seiner Eskorte getrennt und findet sich in einem Landgut wieder, das, von der Außenwelt in einem Überschwemmungsgebiet abgeschnitten, von Banditen belagert wird. Und nun auch noch das: Als Richter Di und der Hausbesorger des Landgutes den Sargdeckel anheben, liegt im Sarg nicht, wie vermutet, die verstorbene Tochter des Gutsbesitzers Min, sondern eine vermisste Dienerin – ermordet. Di muss sich beeilen mit seinen Ermittlungen, denn die Banditen rüsten zum Angriff.
Nächtlicher Spuk im Mönchskloster Zürich: Diogenes, 1990. 192 Seiten.

Seltsames geht in dem Daoisten- Kloster vor, in dem Richter Di, seine Frauen und Tao Gan auf dem Rückweg von einem Aufenthalt in der Hauptstadt vor einem Sturm Schutz suchen. Mehrere junge Frauen, die sich dem Klosterleben widmen wollten, sind verschwunden. Di vermutet ein Verbrechen, doch er hat nur eine Nacht Zeit, um die Vorfälle aufzuklären. Bei seinen Ermittlungen gerät er selbst in Lebensgefahr – und am Ende droht ihm der Täter sogar zu entwischen.
Wunder in Pu-yang? (Englischer Titel: The Chinese Bell Murders, 1958)
Zürich: Diogenes, 1985. 288 Seiten.


Richter Di hat ein neues Amt in Puyang in der Provinz Jiangsu angetreten. Als erstes muss er einen Mordfall lösen, den ihm sein Vorgänger hinterlassen hat, der komplizierter ist, als es zunächst den Anschein hat. Sehr viel schwieriger hingegen erweisen sich die beiden anderen Fälle, mit denen sich der Richter in seinem neuen Bezirk konfrontiert sieht: Eine ältere Dame übergibt Di ein Konvolut mit Dokumenten, die eine lange Familienfehde mit einem der Honoratioren Puyangs, einem reichen Kaufmann belegen soll. Doch der Richter nimmt sich der Sache an. Schließlich geht er den seltsamen Vorgängen im Buddhistenkloster vor der Stadt auf den Grund. Geschehen hier wirklich wundertätige Dinge? Oder liegen den Wundern sehr menschliche, kriminelle Taten zugrunde? Richter Di gelingt es, den Fall zu lösen – und bekommt dafür Anerkennung von allerhöchster Stelle.
Tod im Roten Pavillon Zürich: Diogenes, 1986. 208 Seiten.

Di Renjie wird in die Hauptstadt beordert, um dort über die Vorgänge im buddhistischen Kloster von Puyang Bericht zu erstatten. Auf dem Rückweg müssen er und sein Gehilfe Ma Yong eine Zwischenstation auf der EParadiesinsel einlegen, einem bekannten Vergnügungsort im Nachbarbezirk von Puyang. Der dortige Amtsvorsteher bittet den Richter, den Selbstmord eines Akademikers aus der Hauptstadt zu untersuchen. Er soll aus aus verschmähter Liebe zu Herbstmond, der Schönheitskönigin der Insel, aus dem Leben geschieden sein. Doch dann wird auch Herbstmond tot aufgefunden. War wirklich Selbstmord die Todesursache? Richter Di ermittelt – und kommt dabei einem alten Verbrechen auf die Spur.
Die Perle des Kaisers Zürich: Diogenes, 1989. 192 Seiten.

Es verspricht ein spannendes Finale zu werden, beim Drachenbootrennen zum Laternenfest vor den Toren von Richter Dis Amtssitz in Puyang. Doch dann bricht der Trommler des führenden Bootes kurz vor der Ziellinie zusammen. Herzanfall als Folge von Alkoholgenuss und der Hitze, sagt ein herbeigeeilter Arzt. Der Amtsarzt hingegen stellt fest: Der Mann wurde vergiftet. War es ein Ritualmord zu Ehren der Flussgöttin, der früher an diesem Festtag stets ein junger Mann geopfert wurde? Doch der Mord an dem Trommler ist nur der Auftakt zu einer ganzen Mordserie. Viele Motive scheinen für die Taten in Frage zu kommen: Betrug, Eifersucht, Habgier und ein lange verloren geglaubtes Schmuckstück: die Perle des Kaisers. Oder ist der legendäre Staatsschatz nur ein Vorwand für ein anderes, schlimmeres Verbrechen? Ein fehlender Stein in seinem Lieblingsspiel bringt den Richter schließlich auf die richtige Spur.
Halskette und Kalebasse Zürich: Diogenes, 2004. 192 Seiten.
Eine gespenstische Szene: Auf dem Rückweg von der Präfektur nach Puyang verirrt sich Richter Di in einem dunklen Wald und begegnet- sich selbst. Der Doppelgänger entpuppt sich als weiser Gelehrter, der den Richter in die „Stadt am Fluss“ geleitet, eine kaiserliche Residenzstadt und Sommersitz der Lieblingstochter des Kaisers. Doch statt sich in der Stadt am Fluss beim Angeln erholen zu können, gerät Richter Di in einen Strudel von Ereignissen: Kaum in der Stadt angekommen, wird er Zeuge, wie ein Toter aus dem Fluss gezogen wird. Dann wird er entführt – und findet sich im kaiserlichen Palast wieder, wo ihn die Prinzessin mit einem sehr heiklen Auftrag betraut: Er soll eine verschwundene Halskette, ein Geschenk ihres Vaters, finden. Gerade mal zwei Tage bleiben Di, um das wertvolle Schmuckstück aufzuspüren. Und keiner seiner Assistenten steht dem Richter bei diesem vertrackten Fall zur Seite. Dafür erweist sich eine attraktive junge Dame als sehr hilfreich bei den Ermittlungen – und beim Angeln.
Poeten und Mörder Zürich: Diogenes, 1988. 208 Seiten.

Statt das Mittherbstfest mit seiner Familie bei Mondkuchen zuhause zu verbringen, muss Di Renjie im Nachbarbezirk Qinhua an einer Konferenz mit dem Präfekten teilnehmen. Sein Kollege Lo bemüht sich redlich, zum Trost ein Unterhaltungsprogramm für das Fest auf die Beine zu stellen. Einige der bekanntesten Dichter des Reiches sind geladen – und Di soll klären, ob die Dichterin Yu-lan wirklich ihre Magd getötet hat. Doch noch während die Vorbereitungen zum Fest im Gange sind, wird ein Student ermordet, und Lo bittet seinen Kollegen, ihm bei den Ermittlungen behilflich zu sein. Wonach suchte der junge Mann aus der Hauptstadt in Qinhua? Welche Rolle spielt sein Vermieter, ein angesehener Teehändler, in dem Fall? Hat einer von Los berühmten Gästen mit dem Mord zu tun? Die beiden Ermittler müssen ihr ganzes Können aufwenden, um zu beweisen, dass nicht einer der Fuchsgeister, vor denen die Einwohner der Stadt zittern, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut für die Tat verantwortlich ist.
Mord im Labyrinth Zürich: Diogenes, 2000. 320 Seiten.

Der Fall um das buddhistische Kloster in Puyang läßt Richter Di nicht los: Einflussreiche Kleriker in der Hauptstadt haben bereits nach zwei Jahren seine Ablösung als Bezirksrichter von Puyang erwirkt (üblich war eine Amtszeit von drei Jahren). Die nächste Station ist Lanfang, eine Stadt im wilden Westen des Reiches. Kaum im neuen Bezirk angekommen sieht sich der Richter einer Verschwörung gegenüber: Ein örtlicher Usurpator hat die Macht in der Stadt an sich gerissen. Bevor sie sich ihrer eigentlichen Arbeit widmen können, müssen Richter Di und seine Gehilfen zuerst die Ordnung in der Bezirkshauptstadt wieder herstellen – was sich als einfacher erweist, als es zunächst den Anschein hat. Doch zwei weitere Morde, einer davon an einem bekannten General im Ruhestand, strapazieren den Verstand von Richter Di so sehr, dass er fast seinen Beruf an den Nagel hängt.
Das Phantom im Tempel Zürich: Diogenes, 1989. 208 Seiten.

Alles beginnt mit einem Geburtstagsgeschenk für Dis erste Frau: In dem kleinen Ebenholzkästchen mit der Jade-Schnitzerei auf dem Deckel findet der Richter einen Zettel mit einem Notruf: Eine junge Frau schreibt, sie sei entführt worden, und bittet um Hilfe. Der Richter forscht nach und findet heraus, dass die junge Frau bereits vor einem halben Jahr verschwunden ist – kurz nachdem einem kaiserlichen Bote in Lanfang eine Ladung mit 50 Goldbarren entwendet wurde. Obwohl sich Diebstahl und Entführung in der Amtszeit seines Vorgängers ereigneten, will Richter Di die Frau befreien und das Gold finden. Die Spur führt zu einem Tempel außerhalb der Stadt, in dem ein Geist sein Unwesen treiben soll. Doch offensichtlich sind noch andere hinter dem wertvollen Diebesgut her. Denn schon bald finden die Ermittler eine Leiche und geraten zudem selbst in höchste Gefahr.
Nagelprobe in Pei-tscho Zürich: Diogenes, 1991. 240 Seiten.

Merkwürdiges geschieht in Beizhou: Erst verschwindet die Tochter eines örtlichen Honoratioren am hellichten Tag unter den Augen ihrer Anstandsdame. Dann wird die Frau eines Handwerkers enthauptet aufgefunden. Zumindest dieser Fall scheint einfach zu sein: Der Mann der Ermordeten verließ am Tage zuvor Hals über Kopf die Stadt. Aber hat er wirklich seine Frau getötet? Oder verbirgt sich hinter der kopflosen Leiche noch viel mehr? Während der Richter noch grübelt, stirbt ein bekannter Boxer im Badehaus durch Gift. Eine Spur, die der Sterbende noch legen kann, weist auf eine Frau – doch haben die Gehilfen des Richters nicht gesagt, dass der Boxer wie ein Mönch gelebt hat? Richter Dis schwierigster Fall – denn seine Verdächtige ist offensichtlich unschuldig, und eine falsche Anklage kann einen Beamten den Kopf kosten. Kurz bevor die Bürger von Beizhou ihn absetzen, kann er den Mord an dem Boxer aufklären. Doch die Lösung des Falles stellt den unbestechlichen Beamten vor eine schwere Entscheidung zwischen Pflichterfüllung und Gefühl. Dass Di am Ende zum Präsidenten an den Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt berufen wird, tröstet ihn nur wenig über den Verlust eines seiner Mitarbeiter hinweg.
Mord nach Muster Zürich: Diogenes, 1989. 208 Seiten.

Ausnahmezustand in Chang’an: Die Pest wütet in der Hauptstadt. Der Kaiser und sein Hofstaat sind aufs Land geflohen, und Di soll als Notstandsgouverneur die Ordnung aufrecht erhalten. Eine Aufgabe, die die ganze Kraft des Richters und seiner Gehilfen erfordert: Die Versorgung der Bürger ist nur schwer aufrecht erhalten. In der Bevölkerung rumort es, aufrührerische Straßenkehrer, die eigentlich die Toten beseitigen sollen, bereiten einen Aufstand vor. Doch damit nicht genug, werden auch noch die Häupter von zwei der vornehmsten Familien ermordet. Der Richter zeigt sich jedoch den Anforderungen seines neuen Amtes gewachsen – und schließlich gibt es sogar ein Happy End für einen seiner Getreuen.
Mord in Kanton Zürich: Diogenes, 1988. 256 Seiten.

Der Richter, Qiao Tai und Tao Gan in geheimer Mission in Kanton. Zwei hohe Beamte aus der Hauptstadt sind verschwunden. Die Spur führt in den Süden des Reiches. Doch kaum nehmen sie ihre Ermittlungen auf, wird der erste Vermisste tot aufgefunden, bald darauf auch der zweite. Weshalb reisten die beiden gleich nach ihrer Rückkehr in die Hauptstadt wieder nach Kanton? Planten sie ein Komplott? Oder wollten sie eines verhindern und wurden von der Gegenseite auf dem Weg geräumt? Welche Rolle spielt Mansur, der undurchsichtige Anführer der arabischen Gemeinde, in dem Spiel? Die Angelegenheit wird immer undurchsichtiger, und den Ermittlern wird schnell klar, dass ihre Identität von zwei verfeindeten Parteien aufgedeckt worden ist. In seinem letzten Fall muss Richter Di nochmal sein ganzes kriminalistisches Können aufbieten, um den Mord an den beiden Beamten aufzuklären. Doch bevor der Richter in die ferne Hauptstadt zurückkehren kann, erfüllt sich eine alte Prophezeiung und zu seiner großen Bestürzung verliert er einen seiner langjährigen Weggefährten.
Insoweit die biographische und bibliographische Systematik – vermutlich habe ich nicht alle MURDER MYSTERIES erfasst, aber das Thema läuft uns nicht davon.

Zurück zu den Jahren vor CORONA: Ich wollte mich einstimmen mit leichter Lektüre auf die nächste China-Reise: Die schöne Li, das Perlenhemd, die törichte Buhle und natürlich zwei Bände I GING – das Buch der Wandlungen! Leicht und flüssig die Erzählungen, die Moral locker dahingesprochen wie bei den Fabeln La Fontaines: Ein Jüngling auf dem Wege zur kaiserlichen Beamtenprüfung in der Hauptstadt, also dem sicheren Sprungbrett zur Karriere, wird von einem Mädchen und ihrer erfahrenen Kupplerin um seine Reisekasse geprellt. Sie gefällt ihm, er verfällt ihr mit Kasse und allen Reiseplänen, Familienpflichten und Verantwortung gegenüber den alten Eltern. Dieses Thema mehrfach variiert, auch ein Greis mit einigem Reichtum verfällt den Reizen des Mädchens („Die Kleine Nai“). Die Schönen haben erregende Namen – die schöne Li, die schöne Tu, Duftwolke und Morgenröte. Selbst der reiche Buchhändler Tschang „in seiner imposanten Fülle“ im gelben Rock eines Mandarins lässt sich von den körperlichen Vorzügen der „Pfirsichblüte“ und „Nephritwolke“ vom rechten Weg, von der Erfüllung seiner Pflichten abbringen – hat aber Glück, wird begnadigt und landet nicht in der Gosse. Ich glaubte schon auf dem rechten literarischen Weg zu sein – doch dann wurde es philosophisch. Zum Nachtisch hatte ich „I ging“, das „Buch der Wandlungen“, zurechtgelegt.

(eigentlich Yijing 易经, Pinyin Yì jīng)
Aber – unter der Überschrift „Mong – die Jugendtorheit“ fand ich zu meinem Erstaunen fünf tausend Jahre alte Rezepte, wie diesen Verirrungen der Jünglinge begegnet werden sollte: ein Zeichen aus 13 Strichen, beginnend mit dem oberen Querstrich, angeschlossen die beiden oberen kleinen Längsstriche. Und nach dem mittleren horizontalen Teilungsstrich eine Gruppe verbundener Striche, die ein Tier darstellen könnte – ein Rückgrat, ein Schwanz und nach links vier Füße! Also ein Haustier, ein Hausschwein! Was hat das Hausschwein mit den Torheiten des Jünglings zu schaffen?

Die chinesische Schrift hat ihre Ordnungsprinzipien – keine Willkür in der Reihenfolge der Striche, keine Willkür in der Richtung, wie der Pinsel oder Kugelschreiber die Striche aufs Papier bringt. Also auch keine Willkür in der Deutung der vielfachen Verwendung des Tier-Zeichens mit seinen nur sieben Strichen:

Das moderne Wörterbuch erklärt die Silbe als meng, in unseren Breiten ausgesprochen MANG, im zeitgenössischen Chinesischen je nach Bedeutung in der ersten, zweiten oder dritten Aussprachegruppe. Das Hausschwein geht in seiner bildlichen Gestalt verloren, aber das Zeichen erhält vielfache Interpretationsvarianten! Zu unserer Überraschung gehen aber die Bedeutungen nicht allzusehr auseinander – und haben alle einen interessanten Bezug zu unserem Jüngling und seinen Irrungen – hier nur einige Beispiele: Genie, hintergehen, beschwindeln, betrügen, Kopf verlieren, benommen, bewusstlos, Elefant – in Zusammensetzungen: Betäubungsmittel, Schlaftrunk, verhüllen, verkleiden, Halbschlaf, Sand in die Augen streuen, dunstig, neblig, schummeln.
Nun stecke ich fest im Philosophischen, erinnere mich an meine Jugendlektüre – wie bei Balzac und Dumas der französische Jüngling aus der Provinz wie einst Bonaparte sein Glück in Paris macht – im Gegensatz zum törichten und sinnlich anfälligen Chinesen lässt er sich nicht ablenken auf dem Weg zu Ruhm, Reichtum und Ehre.
Im Gespräch mit einem chinesischen Freund aber kam gestern die Ernüchterung! Er gab zu bedenken, ob nicht die heutigen europäischen jungen Männer bei der Lektüre der Erzählungen von Balzac und Dumas die Rationalität und Strategie zur Maxime machten, aber das Risiko auf dem Wege nach oben, auf dem Wege in die weite Welt scheuten.
Er meinte, dass manche Berater chinesischer Politiker und Wirtschaftslenker von heute im stillen Kämmerlein munkeln, dass sich westliche Minister, Präsidenten, Konzernbosse immer noch vom Image jener Figuren aus den chinesischen Novellen und Kurzgeschichten leiten lassen, wenn sie zögerlich, halbherzig, zaudernd auf die verlockenden Angebote zur langfristigen Zusammenarbeit reagieren.

Vier Frauen durfte ein Bezirksrichter im kaiserlichen China haben, sie wohnten im geräumigen Gerichtsgebäude, hatten ihr eigenes abgetrenntes Privatquartier für sich, für die Kinder und Dienstboten. Robert van Gulik, der holländische Sinologe und Diplomat des 20. Jahrhunderts, hatte en passant in dem Band „The chinese gold murderers“ (deutsch: „Geisterspuk in Peng-lai“) beschrieben, wie sein berühmter Richter Di bei der Lösung eines Kriminalfalles zu einer zweiten Nebenfrau kam, obwohl er eigentlich mit der Hauptfrau und der ersten Nebenfrau sehr zufrieden war.

Das Zeichen für einen Rechtsfall: an
Es ist die erste Station der langen Karriere des Richters, die unruhige Stadt Peng-lai im Norden, an der Grenze zu den Herrschaftsgebieten der Tataren und der Koreaner. Und es ist der fünfte Band der Serie Robert van Guliks über den Richter Di.

Trotz seiner Jugend – er ist 33 Jahre alt – und dem Mangel an taktischen Erfahrungen im Umgang mit den lokalen Autoritäten gelingt es dem Richter in wenigen Tagen, die imperiale Macht zu stabilisieren und – gegründet auf den gesunden Menschenverstand – Vertrauen in seine Person und sein Team zu wecken. Nun muss das Verschwinden einer Person aufgeklärt werden, der frisch verheirateten Frau des Reeders Koo, also einer Person der Oberschicht. Das achte Kapitel des Bandes erzählt im Detail, wie der Reeder dem Gericht die mögliche Entführung oder den möglichen Mord an seiner Ehefrau, einer Tochter aus dem gutem Hause Tsao, mitteilt und damit dem Richter die Aufklärung zur Pflicht macht.
Die Hafenstadt Penglai (蓬 莱 市, pinyin: Pénglái shì) gibt es heute noch, sie liegt westlich des bekannteren Yantai an der Bohai-Bucht in der Provinz Shandong und ist Teil der Großgemeinde Yantai. Vermutlich geht auch heute wie vor Jahrhunderten ein Großteil des chinesischen Seehandels mit Firmen aus beiden koreanischen Staaten über Penglai und Yantai. Diese Umgebung – Seehandel, Schmuggel, Sprach- und Kulturmix, Bandenkriminalität und Prostitution – prägt die Tochter des Literaten und Landbesitzers Tsao – durch ihren Vater vermeintlich auf dem Landgut beschützt.
Die junge Frau aber entgeht nur Tage nach ihrer Hochzeit um wenige Zentimeter einem Mordanschlag, gerät auf der Flucht in die Fänge einer kriminellen Bande, die sie als Prostituierte missbraucht. Nach all diesen brutalen Erlebnissen wird sie von der verängstigten Bordellbesitzerin dem Gericht übergeben – damit wäre der Fall der vermissten Braut aufgeklärt. Aber – die Normen der „guten Gesellschaft“ verbieten die „Rückgabe“ an Ehemann oder Vater – der geschändeten jungen Frau, der „beschädigten Ware“ wird Selbstmord nahegelegt! Für den Weg in ein Kloster fühlt sie sich nicht reif genug – sie sieht keinen Ausweg. Richter Di, ein Vorläufer der aufgeklärten Juristen der Neuzeit, bietet ihr die aus seiner Sicht beste Alternative – eine Nebenfrau in seinem Haushalt, da sie nicht unansehnlich ist, mit seiner ersten, der Hauptfrau vermutlich gut zurechtkommt und ihm – wie gesagt – rechtmäßig vier Frauen zustehen. Robert van Gulik lässt Richter Di in einem anderen Band der Krimi-Serie („The Chinese Nail Murders“) ein happy-end für die junge Frau und auch den geplagten Richter formulieren: „Er reflektierte, dass er wirklich sehr viel Glück mit seinen Frauen hatte. Seine First Lady war eine sehr kultivierte Frau, die älteste Tochter seines besten Freundes. Das gute Verständnis zwischen ihnen war ihm immer eine große Hilfe in Zeiten der beruflichen Anspannung und ihre zwei Söhne waren eine ständige Quelle der Freude. Seine zweite Frau war nicht ganz so gebildet, aber sie sah gut aus, war mit einem gesunden Menschenverstand ausgestattet und führte den großen Haushalt sehr effizient. Die Tochter, die sie ihm geschenkt hatte, besaß denselben ausgeglichenen Charakter.
Seine dritte Frau hatte er aus Penglai mitgebracht, seinem ersten Posten.

Nach einigen schrecklichen Erfahrungen war sie von ihrer Familie verlassen worden und der Richter hatte sie als Gesellschafterin seiner First Lady in sein Haus genommen. Die First Lady war von ihr sehr angetan und hatte schon bald dem Richter nahegelegt, sie zu seiner Frau zu machen. Der hatte sich anfangs gesträubt, er wolle ihre Dankbarkeit nicht ausnutzen. Aber als sie ihm ihre Zuneigung zeigte, hatte er nachgegeben – und es nicht bereut. Sie war eine schöne, liebliche junge Frau und es war gut, dass sie nun zu viert Domino spielen konnten.“
Soviel zum Privatleben des Bezirksrichters Di im alten China!
Zwei Themen habe ich herausgesucht, um die Schreibweise des holländichen Diplomaten und Sinologen Robert van Gulik detailiert zu veranschaulichen: Thema I – Drei Mädchen und drei Wüstlinge, Thema II: Der törichte Jüngling und die Schöne.
CHINA in der Tang-Periode, also in den Jahren 630 bis 700 unserer Zeitrechnung. Eine scheinbar leicht aufzulösende Kriminalgeschichte – drei sehr junge Mädchen, davon ein Zwillingspaar, und drei ältere Wüstlinge. Zwei der drei Herren werden in schneller Folge ermordet, der ermittelnde Richter, gleichzeitig Kriminaldirektor der Stadt, erkennt, dass die Aufklärung der zusammenhängenden Fälle in der Vergangenheit der Mädchen und der drei Herren beginnen muss. Die einfache Rechnung – jeder Wüstling hatte eines der Mädchen gekauft und brutal misshandelt, dass sich nun rächt – geht nicht auf!
Obwohl ich gern anknüpfen würde an den vorigen BLOG-Geschichten vom schönen Mädchen und dem törichten Jüngling aus dem kaiserlichen China,

Robert van Gulik
verlangt die Redlichkeit vom Schreiber den Bruch und die Offenlegung der nunmehrigen Quelle: mehr als ein Dutzend Bände von Kriminalerzählungen, erschienen erstmals zwischen 1950 und 1968 in englisch, niederländisch und japanisch aus der Feder des niederländischen Diplomaten, Historikers, Sinologen, Musikers und Zeichners Robert van Gulik (1910 – 1967).

Alle Handlungsfäden der sehr unterschiedlichen Geschichten, angesiedelt in verschiedenen Regionen und Städten des Kaiserreiches, laufen zusammen in einer Person, des Richters Di (englisch Dee), seiner Familie und einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern Es sind nun nicht mehr die Erzählstile der verschiedenen chinesischen Autoren, die wundersame Verknüpfung von Schicksalen junger Menschen in den Jahrhunderten des Reiches der Mitte, die uns beeindrucken, sondern hier versucht uns erfolgreich ein europäischer Autor, Kenner der Materie durch Spannung, Details aus der Tätigkeit von Polizei, Verwaltung, Militär, durch die Offenlegung psychologischer Strukturen, Denkweisen, Tiefen der Motivationen von Händlern, Beamten, Kurtisanen, Künstler, Studenten, Krimineller das innere Wesen Chinas nahezubringen. Man spürt in jeder Zeile, in jeder Zeichnung die Liebe des Autoren zu diesen Menschen, das Mitgefühl in einer Zeit der Kriege, Bürgerkriege, der Hungersnöte und des politischen Terrors.
Doch zurück zu jenen drei Mädchen und ihren Schicksalen – nachzulesen im Erzählband „The Willow Pattern“ (deutsch: „Mord nach Muster“), geschrieben 1964 und in Fortsetzungen zuerst in den Niederlanden veröffentlicht.
Die Fabel: ein schon nicht mehr sehr junger Sohn aus dem reichem Hause Mei der kaiserlichen Residenz kauft eine sehr junge Kurtisane aus einem Bordell, macht sie zu seiner Ehefrau, umgibt sie mit Luxus und verschleiert in der „guten Gesellschaft“ ihre Herkunft. Das Mädchen, die nunmehrige Ehefrau, leidet unter der Isolation und Monotonie ihres Daseins, brennt mit einem Mann aus einer anderen Familie (Hoo) der Oberschicht durch, wird im Geheimen zu einer Perle der sexuellen Orgien in der Oberschicht, an der auch ihr bisheriger Ehemann teilhat. Der neue Liebhaber jedoch sucht daneben erotische Abenteuer durch die Verführung junger Mädchen in Komplizenschaft mit einem ebenfalls reichen und amoralischen Nachbarn (Yee), dem die schönen Zwillinge aber zum tödlichen Verhängnis werden. Der reiche Ehemann Mei aber kann trotz der erotischen Zerstreuungen seine Eifersucht nicht beherrschen, überrascht seine Frau mit ihrem Liebhaber im eigenen Hause und bezahlt diese Entdeckung mit dem Leben.

Richter Di schafft es, die Fäden des scheinbar unlösbaren Falles aufzutroddeln und den dritten noch lebenden Wüstling aufs Schafott zu bringen – durch den Nachweis, dass einer der drei Wüstlinge die Mutter der beiden schönen Zwillinge auf dem Gewissen hat und Rache das Motiv der Tötung des dritten Mannes Yee war.
Anregung genug, bei van Gulik weiterzulesen – zum Beginn seiner Karriere als Richter in der Provinz und dem Gewinn einer neuen, zusätzlichen Nebenfrau!
Dieter Weigert, Berlin Prenzlauer Berg