Nochmals China: Drei Mädchen und drei Wüstlinge

0-willow-2CHINA in der Tang-Periode, also in den Jahren 630 bis 700 unserer Zeitrechnung. Eine scheinbar leicht aufzulösende Kriminalgeschichte – drei sehr junge Mädchen, davon ein Zwillingspaar, und drei ältere Wüstlinge. Zwei der drei Herren werden in schneller Folge ermordet, der ermittelnde Richter, gleichzeitig Kriminaldirektor der Stadt, erkennt, dass die Aufklärung der zusammenhängenden Fälle in der Vergangenheit der Mädchen und der drei Herren beginnen muss. Die einfache Rechnung – jeder Wüstling hatte eines der Mädchen gekauft und brutal misshandelt, dass sich nun rächt – geht nicht auf!
Obwohl ich gern anknüpfen würde an den vorigen BLOG-Geschichten vom schönen Mädchen und dem törichten Jüngling aus dem kaiserlichen China,

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Robert van Gulik

verlangt die Redlichkeit vom Schreiber den Bruch und die Offenlegung der nunmehrigen Quelle: mehr als ein Dutzend Bände von Kriminalerzählungen, erschienen erstmals zwischen 1950 und 1968 in englisch, niederländisch und japanisch aus der Feder des niederländischen Diplomaten, Historikers, Sinologen, Musikers und Zeichners Robert van Gulik (1910 – 1967).

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Alle Handlungsfäden der sehr unterschiedlichen Geschichten, angesiedelt in verschiedenen Regionen und Städten des Kaiserreiches, laufen zusammen in einer Person, des Richters Di (englisch Dee), seiner Familie und einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern  Es sind nun nicht mehr die Erzählstile der verschiedenen chinesischen Autoren, die wundersame Verknüpfung von Schicksalen junger Menschen in den Jahrhunderten des Reiches der Mitte, die uns beeindrucken, sondern hier versucht uns erfolgreich ein europäischer Autor, Kenner der Materie durch Spannung, Details aus der Tätigkeit von Polizei, Verwaltung, Militär, durch die Offenlegung psychologischer Strukturen, Denkweisen, Tiefen der Motivationen von Händlern, Beamten, Kurtisanen, Künstler, Studenten, Krimineller das innere Wesen Chinas nahezubringen. Man spürt in jeder Zeile, in jeder Zeichnung die Liebe des Autoren zu diesen Menschen, das Mitgefühl in einer Zeit der Kriege, Bürgerkriege, der Hungersnöte und des politischen Terrors.
Doch zurück zu jenen drei Mädchen und ihren Schicksalen – nachzulesen im Erzählband „The Willow Pattern“ (deutsch: „Mord nach Muster“), geschrieben 1964 und in Fortsetzungen zuerst in den Niederlanden veröffentlicht.

Die Fabel: ein schon nicht mehr sehr junger Sohn aus dem reichem Hause Mei der kaiserlichen Residenz kauft eine sehr junge Kurtisane aus einem Bordell, macht sie zu seiner Ehefrau, umgibt sie mit Luxus und verschleiert in der „guten Gesellschaft“ ihre Herkunft. Das Mädchen, die nunmehrige Ehefrau, leidet unter der Isolation und Monotonie ihres Daseins, brennt mit einem Mann aus einer anderen Familie (Hoo) der Oberschicht durch, wird im Geheimen zu einer Perle der sexuellen Orgien in der Oberschicht, an der auch ihr bisheriger Ehemann teilhat. Der neue Liebhaber jedoch sucht daneben erotische Abenteuer durch die Verführung junger Mädchen in Komplizenschaft mit einem ebenfalls reichen und amoralischen Nachbarn (Yee), dem die schönen Zwillinge aber zum tödlichen Verhängnis werden. Der reiche Ehemann Mei aber kann trotz der erotischen Zerstreuungen seine Eifersucht nicht beherrschen, überrascht seine Frau mit ihrem Liebhaber im eigenen Hause und bezahlt diese Entdeckung mit dem Leben.

0-willow-4Richter Di schafft es, die Fäden des scheinbar unlösbaren Falles aufzutroddeln und den dritten noch lebenden Wüstling aufs Schafott zu bringen – durch den Nachweis, dass einer der drei Wüstlinge die Mutter der beiden schönen Zwillinge auf dem Gewissen hat und Rache das Motiv der Tötung des dritten Mannes Yee war.
Anregung genug, bei van Gulik weiterzulesen – zum Beginn seiner Karriere als Richter in der Provinz und dem Gewinn einer neuen, zusätzlichen Nebenfrau!

Dieter Weigert, Berlin Prenzlauer Berg

Autor: Sternberlin

Dr. phil. habil.(Philosophie und politische Wissenschaften) , inzwischen Pensionär - aktiv in Denkmalschutz und Denkmalpflege, besonders Kirchen und historische Friedhöfe in Berlin an Wochenenden - unter der Woche in unregelmäßigen Abständen engagiert in Lehrerfortbildung (Geschichte, Architektur, Literatur und Theater,Bildende Kunst)

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